Auf dem Weg zur Piaffe

Autorin
Andrea Bethge ist erfolgreiche Dressurreiterin und bildet Pferde bis zu den höchsten Klassen aus.
Inhalt
Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, als ich Andrea Bethge zum ersten Mal sah. Es war vor einigen Jahren auf der Reitsportmesse Niederrhein in Kalkar. Ich ging am Showring vorbei und erstarrte! Wie gebannt schaute ich der Reiterin auf ihrem großen schwarzen Warmblüter zu, die nur mit einer Trense ohne Nasen- oder gar Sperriemen über den Sand zu schweben schien. Ich hatte sofort einen Kloß im Hals — so viel Harmonie! So wunderschön anzusehen! Ich war unfassbar begeistert.
Mit großem Glück kann ich sagen, dass Andrea und mich seitdem viel verbindet und wir uns so oft es geht austauschen. Ehrlich gesagt wollte ich ihr Buch zunächst gar nicht lesen — Auf dem Weg zur Piaffe? Nicht mein Thema, dachte ich. Ich bin sehr froh, dass ich das Buch trotzdem gelesen habe .… der Untertitel “Reiten von innen heraus statt von oben herab” wäre als Haupttitel viel treffender. Also bitte nicht durch den Titel abschrecken lassen.
Schon das Vorwort von Andrea über ihr Herzenspferd Pari berührt sehr und stimmt schön auf das ein, was noch kommt. Andrea berichtet zunächst über ihre Reitanfänge in der Dressur — strammer Zügel, versklavte Pferde — bis sie ihren eigenen Weg fand, Pferde auszubilden. Die Autorin beschreibt ihre Philosophie und stellt mit so viel Humor und Herzblut ihre Pferde vor, dass man immer wieder lachen muss und doch so tief berührt wird, dass es auch manchmal traurig macht. Mit so viel Respekt und Liebe schreibt Andrea über Pferde — ihr Gedanke ist, dem Pferd seine Würde nicht zu nehmen und es möglichst viel Freude an der Arbeit entwickeln zu lassen. Das möchte sie um jeden Preis! Niemals würde sie ein Pferd zu einer Leistung zwingen, zu der es noch nicht bereit ist. Sie möchte, dass “ihre Idee zur Idee des Pferdes wird” und nimmt den Leser vollkommen mit in ihre Welt.
Bei der praktischen Umsetzung fängt sie mit der Erklärung bei der Kontaktaufnahme in der Box an, schreibt über Ausrüstung, Bodentraining und auch über die Gedanken, die man während des Umgangs mit dem Pferd hegen sollte. Zu keiner Zeit werden ihre Ausführungen langweilig, weil sie so ECHT sind und immer wieder Fallbeispiele beinhalten.
Der Kommunikation über das Gebiss widmet sie immer wieder ihre Aufmerksamkeit im Buch. Sie beschreibt, wie wichtig es ist, fein mit dem Maul des Pferdes in Verbindung zu sein. Auffällig ist bei ihr auch, dass sie ihr Pferd zunächst am Halfter in die Reitbahn führt und erst dann auf Trense zäumt, um auf gar keinen Fall ungewollt auf das Maul des Pferdes einzuwirken.
Sehr detailliert beschreibt sie ihr “Lang und Tief”, eine Haltung, die ihre Pferde immer wieder einnehmen dürfen / sollen und die in diesem Buch auch biomechanisch beleuchtet wird. Auch auf den menschlichen Körper geht sie ein und beschreibt so schön, wie es funktionieren kann, eine echte Verbindung mit dem Pferd einzugehen.
Die Fotos im Buch sprechen für sich — aus jedem einzelnen sieht man wirklich die unglaubliche Liebe zu den Pferden herausstrahlen .… und man sieht den Glanz in den Augen von Andreas Pferden.
Erst ganz zum Schluss geht es wirklich ums Piaffieren — im Teil “Reiten” erklärt Andrea, wie sie bestimmte Lektionen vorbereitet und durchführt. Andrea hört bei allem, was sie tut, auf das Pferd … ist in ständiger Kommunikation mit ihm … im Dialog, nicht im Monolog .… und so gelingen ihr die schwierigsten Lektionen scheinbar kinderleicht.
Fazit
Nicht nur für Dressurreiter ein wunderbares, sehr gefühlvolles Buch! Aus jedem Absatz hört man Andrea sprechen — es ist einfach rührend und sehr lehrreich zugleich.
“Auf dem Weg zur Piaffe” von Andrea Bethge, erschienen im Kosmos Verlag 2021